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04.01.2021

Woher kommen wir? Wohin gehen wir?

Noch nie gab es eine so große Vielfalt an religiöser Überzeugung,
wissenschaftlichen Forschungsgebieten und politischer Ausrichtung wie
heute. Wo kommen wir her, wo wollen wir hin und was ist das für eine
Zeitqualität, die uns herausfordert – diese Fragen beschäftigen uns
immer wieder. Nun drängen sie massiv in den Vordergrund – erst
recht, seit ein neuartiges Corona-Virus in unser Leben gekommen ist.
Nie zuvor wurde die Welt von Menschen durch einen Shutdown quasi
still gelegt. Aber auch Bankenkrisen, Flüchtlingsströme, Klimawandel,
Überbevölkerung und globale Digitalisierung sind Phänomene, mit
denen wir uns als Menschheit in diesem Ausmaß in der Weltgeschichte
noch nie auseinandersetzen mussten. Verständlich, wenn auf diese
Weise Diskussionen entfacht werden, ob es eine Rückkehr zur viel
zitierten Normalität geben wird oder nicht. Und das betrifft viel mehr als
die Entscheidung, wieder Urlaub auf Mallorca machen zu können.
Es braucht viel Achtsamkeit, damit, symbolisch ausgedrückt, unser Boot
nicht kentert, mit dem wir in diesen sehr bewegten Strömungen des
Lebens unterwegs sind. Der Neurobiologe und Sozialforscher Gerald
Hüther schreibt auf seiner Internetseite: „Wir Menschen sind und
bleiben ja alle Suchende. Wir müssen erst herausfinden, worauf es für
ein gelingendes und glückliches Leben ankommt. Dabei laufen wir
ständig Gefahr, uns in uns selbst und mit anderen zu verwickeln. Oder
uns gar auf dieser Suche zu verirren.“
Nicht mehr zu wissen, wo es lang geht, kennen wir schon in einfachen
Alltagssituationen ganz gut. Zuletzt habe ich mich selbst wieder einmal
verlaufen. Einmal nach Verlassen des Bahnhofs falsch abgebogen, und
schon war ich im Großstadt-Dschungel Frankfurts ziemlich verloren.
Sogar das Navigationsgerät im Auto führt uns hin und wieder an einen
Feldweg, zu dem wir sicher nicht wollten, und das GPS im Smartphone
sucht nicht automatisch den sinnvollsten Weg an ein Ziel.
GPS ist die Abkürzung für Geografisches Positionsbestimmungs-System.
Es ermittelt mit Hilfe von Satelliten den genauen Standort einer Person
oder eines Gegenstandes. Aber der Begriff an sich passt auch im
übertragenden Sinn. Mehr denn je wünschen sich Menschen eine
genaue Positionsbestimmung: Wo stehe ich in meinem Leben?
Seit sich im Laufe der Evolution geistiges Bewusstsein entwickelt hat,

hatten Menschen das große Bedürfnis, den Kosmos in
Sinnzusammenhängen zu erklären und zu ordnen, damit er
übersichtlicher und weniger beängstigend erscheinen kann. Das trifft
besonders auf die Astrologie zu, die als älteste Systemtheorie der
Menschheit gilt. Sie kennt und analysiert astronomische Zeitzyklen, die
es immer gab und geben wird.
Steht unser Schicksal in den Sternen? Wenn ja, ist das dann ein
Widerspruch zu unserem Glauben? Oder geht es vielmehr um die große
Einheit, das göttliche Geheimnis hinter allem? Ganz selbstverständlich
lesen wir alljährlich an Weihnachten vom Stern von Bethlehem, der
dem Evangelisten Matthäus zufolge mit der Geburt Jesu ebenfalls eine
Zeitenwende angekündigt hat. Es ist heute aufgrund astronomischer
Berechnungen nachgewiesen, dass es damals eine besondere
Planetenkonstruktion gab, eine sogenannte Konjunktion von Jupiter und
Saturn. Die beiden größten Planeten unseres Sonnensystems, müssen
also extrem hell und wie ein einziger „Stern“ geleuchtet haben. Die
Sterndeuter, von denen das Matthäus-Evangelium schreibt,
interpretieren das Himmelsereignis als Beginn der Endzeit durch einen
neu geborenen König (Mt 2,1f).
Mir persönlich gefällt das Bild, dass Gott mit Sternen als Wegweiser die
Suchenden zu Jesus führt. Ich glaube an diesen mystischen
Zusammenhang zwischen „Himmel“ und „Erde“, von denen sehr alte
weise Kulturen wie Sumerer und Babylonier schon berichten. Heute
treffe ich immer öfter auf Christen, die auf ihrem Weg des spirituellen
Wachsens buchstäblich zu den Sternen greifen und in ihrem Horoskop
nach Ursachen für ihre Lebensereignisse suchen.
Es gibt aber auch zeitgeistige Strömungen, die nur auf den berühmten
knallharten Fakten basieren und der Ansicht sind, alles könne von
Menschen gemacht und erreicht werden. Zu ihren Vertretern gehört der
kanadisch-US-amerikanische Multi-Milliardär Elon Musk. Er hat mehrere
Unternehmen gegründet, darunter das private Raumfahrtunternehmen
SpaceX. Ziel von SpaceX ist es, zum einen das technische Equipement
zu entwickeln und zum anderen die Kosten des Weltraumtransports so
weit zu senken, dass es möglich wird, Menschen auf anderen
Himmelskörpern, etwa dem Mars anzusiedeln. Ganz anders als die
Astrologen greift also auch Musk, der Maschinenbauingenieur ist und
zudem zeitweise Physik studiert hat, nach den Sternen. Und das Credo
dieses Mannes könnte man ebenfalls als Suche nach spirituellem
Wachstum verstehen: „Unsere Existenz kann nicht nur darin bestehen,
ein erbärmliches Problem nach dem anderen zu lösen. Es muss Gründe
geben zu leben“, lautet ein Zitat von ihm beim Online-

Nachrichtendienst Twitter.
Ist das richtig? Muss es einen Grund zum Leben geben, müssen wir
ständig danach suchen – oder genügt es nicht einfach, dass wir leben?
Ich bin der Meinung: ja, das genügt. Doch in unserer Gesellschaft, die
im Lauf der Evolution immer komplexer geworden ist, reicht das nicht
(mehr) aus. Somit sind wir wieder bei den GPS-Fragen angekommen:
Wo kommen wir her? Wo stehen wir? Wohin gehen wir – als einzelner,
als Menschheit im unendlichen Universum?
Bislang spricht nichts dafür, dass wir diese Fragen jemals endgültig und
allgemein gültig beantworten könnten, weder durch die Astrologie noch
durch Ingenieurstechnologie. Vielleicht braucht es wieder Zeit und
Bereitschaft für Demut gegenüber der Schöpfung, eine unserer größten
Tugenden. Und mehr denn je das bedingungslose Vertrauen in Gottes
Führung und in die Gewissheit, dass Er keine Fehler macht.



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